Samstag, 1. März 2014

27.02.2014 - kein Internet, aber die Metro fährt noch ...


Seit gestern gibt es kein Internet mehr, und wenn ich den Mann an der Rezeption richtig verstanden habe, geht hier nirgendwo etwas. Also, kein neuer Blogeintrag, keine Infos aus dem Internet und auch keinen Tatort aus der ARD-Mediathek. Zum Glück hat die Buchung der neuen Unterkunft für eine Nacht gerade noch geklappt. Wenn da das Internet wieder geht, kann ich in Valpo anfragen wegen der Unterkunft.

Pünktlich um 10 Uhr hat mich die Putzfrau rausgekingelt, wie lange ich denn noch brauchen würde. Die ist schon ganz schön übergriffig: verräumt meine Sachen, stellt den funktionierenden Ventilator vom Schlafzimmer ins Wohnzimmerund läßt auch alle Fenster auf, wenn sie geht. Immerhin können dadurch mehrere andere Apartmentbewohner über den davor liegenden "Balkon" ungehindert in mein Zimmer. Und da der Safe kaputt ist, läßt sich auch nichts wegsperren. Zum Glück ist bisher nichts passiert.
Also bin ich heute etwas früher los, zuerst mal zu Bus-TUR, um mir das Ticket für Samstag nach Valparaiso zu kaufen. Am Freitag und Samstag kosten die Tickets statt 3500 6500 CLP, Wochenendzuschlag sozusagen, Valpo liegt am Meer. Anschließend bin ich über das Kneipen- und Künstlerviertel Bellavista zum Zoo und weiter auf den Cerro San Cristobal. Man genießt großartige Blicke von da oben auf Santiago und die dahinter aufragenden Anden, aber so ganz wohl war mir auf den Anstieg nicht immer. Nicht nur wegen der Hitze, sondern irgendwie lauert die Angst noch immer. Ich habe immer geschaut, dass andere Touristen oder Pärchen um mich herum sind. Die Fotos mit der neuen Kamera sind wie erwartet ziemlich mies, und die Automatik macht wirklich alles so, wie ich es manuell nie machen würde, z.B. Landschaftsaufnahme mit 1/640 bei f3,5, absolut bekloppt. Aber ich habe noch keine Möglichkeit gefunden, das irgendwie zu beeinflussen. Immer noch besser wie keine Fotos.
Quer durch die Stadt bin ich dann zum Parque Quinta Normal gelaufen, den letzten Teil davon durch eine Gegend, wo ich nachts nicht alleine unterwegs sein möchte. Im Park wird gespielt, Schiff gefahren und geküsst, aber der eigentliche Grund war das sich dort seit 2010 befindliche Museo de la Memoria, in dem an die dunkle Zeit der Pinochet-Diktatur erinnert werden soll.

Im ersten Stock werden Diktaturen und Gewalt in andern Ländern gezeigt. Deutschland ist auch vertreten, allerdings nur mit der Stasi-Zeit, nicht mit dem Nationalsozialismus, es sei denn, ich hätte es überlesen. Denn das ist der Nachteil der ganzen Ausstellung, Informationen gibt es nur auf Spanisch, es sei denn man ist bereit, sich einen der Kopf-Hörer mitzunehmen und sich nach dessen Willen führen zu lassen . Allende gewann als erster und einziger Marxist in freien Wahlen 1970 und wurde zum Präsidenten gewählt. Alle seine Versuche vorher hatten die Amerikaner und der CIA erfolgreich verhindert, weil sie nach der Revolution in Kuba Angst vor einem Umkippen des ganzen Kontinents hatten. Die ersten Maßnahmen waren eine Erhöhung des Mindestlohns, das Einfrieren der Mieten, freie Gesundheitsfürsorge, eine Landreform und die Enteignung von Banken und Teilen der Industrie sowie die Verstaatlichung der größtensteils in amerikanischer Hand befindlichen Kupferminen. Die Amerikaner nutzten alle Möglichkeiten, die Regierung Allende zu destabilisieren, u.a. mit Spekulationen gegen den Kupferpreis an den Börsen.
Am 11.September 1973 schließlich putschte Pinochet, der übrigens auch mal Militärattache in Washington war, und mit dem gewaltsamen Putsch begann das düstere Kapitel der Militärdiktatur, in der tausende von Intellektuellen umgebracht und gefoltert wurden, wenn sie nicht schon ins Ausland geflüchtet waren. Im Museum werden eindrückliche Filme und Fotos gezeigt, von der Bombardierung des Präsidentenpalastes, der letzten Rede Allendes und der Gefangennahme vieler Kritiker. Besonderen Eindruck hinterlässt eine Wand über 2 Stockwerke mit Fotos von Verschwundenen und Ermordeten.
Was international den wenigsten bekannt ist, es gab nicht nur kaum Widerstand gegen den Putsch, General Pinochet hatte innerhalb der chilenischen Bevölkerung auch massive Befürworter und wurde als der Retter vor der marxistischen Gefahr und erfolgreicher Reformator der chilenischen Wirtschaft gefeiert. Übrigens ist es nicht das erste Mal, dass das chilenische Militär erfolgreich geputscht hat, und es ist bezeichnend für die Stellung des Militärs, dass letztlich für die 17 Jahre Diktatur mit all ihren Gewalttaten niemand zur Verantwortung gezogen wurde. Betroffen verlasse ich die eindrückliche Ausstellung, aber mein Verständnis für die Chilenen wird nicht größer.

Bellavista - Künstler- und Ausgehviertel in Santiago

Pablo Neruda hatte in Bellavista ein Liebesnest

schöne Kneipen

Cerro San Cristobal

Blick vom Cerro San Cristobal
der prächtige Eingang der Jugendherberge in Santiago

Cerro San Lucia

der stand nach 60 Sekunden immer noch da ... meine Angst ist wohl übertrieben

Museo de la Memoria

Haus im Parque Quinta Normal

Wasservergnügen im Parque Quinta Normal



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