Samstag, 1. März 2014

Fahrt nach Valparaiso

Mit der Fahrt nach Valparaiso geht der erste Teil der Südamerikareise zu Ende, den ich alleine mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt habe.
Gestern war ich ja noch einmal umgezogen, in eine absolut zentrale Lage unweit des Cerro Santa Lucia, einfach Spitze. Leider ging auch da das Internet nicht. Ich ging noch einmal zu den Markthallen und ließ mich ansonsten durch die Innenstadt treiben. Abends gab es dann Salat in 2 Variationen und eine Gemüsesuppe, und im Fernsehen lief sogar die Deutsche Welle, auch wenn man nach 2 Stunden alles kennt.
Morgens ging ich noch einmal beim Geldtauscher vorbei, 760 chilenische Pesos pro Euro, was für ein Unterschied zum Flughafen Punta Arenas, wo ich nur 675 erhielt. Dann ging es mit der U-Bahn zum Busterminal und mit dem Doppelstöcker nach Valparaiso. Gleich bei meiner Ankunft stand ich mitten in einer Schlägerei, das fing ja gut an. Ich ging dann aber doch zu Fuss zum Casa Aventura, wo Dieter sich schon eingebucht hatte. Leider war alles voll, und erreichen konnte ich ihn auch nicht. So suchte ich mir erst mal ein Hospedaje in der Nähe. Die Wege hier sind echt gefährlich, überhaupt nicht einsehbar, da werde ich nachts sicher nicht rumspazieren.
Wenigstens geht hier das Internet, also mal wieder die Mails beantworten und den Blog auf Vordermann bringen. Etwas später kam dann auch Dieter vorbei, und wir waren zum Erzählen noch auf ein Bier auf dem Cerro Concepcion. Er kam heute aus Buenos Aires, das er sich für einige Tage angeschaut hatte.

Zeit für ein kleines Resumee. 6 Wochen und 4200 km mit öffentlichen Verkehrsmitteln und zu Fuss im Süden Chiles unterwegs, ich kann es jedenfalls nicht weiter empfehlen. Es war Hauptreisezeit, jede Menge junge Chilenen und Argentinier waren mit Rucksack unterwegs, und die Busverbindungen sind in keinster Weise auf solche Touristenscharen eingerichtet. Meist gibt es Busverbindungen über eine Entfernung von etwa 200 - 250 km, das kann der Fahrer nämlich hin- und zurück in einem Tag schaffen. Wenn der Bus aber bei der Abfahrt schon voll ist und man mehrere Tage Wartezeit hat, gibt es unterwegs keine Möglichkeit mehr auf einen Platz und einen Zustieg, ganz abgesehen davon, dass immer schon 20 andere Traveller darauf warten. Die Alternative "Finger raus" ist keine echte, denn an jedem Ortsrand stehen mehrere Dutzend junge Leute und wollen umsonst befördert werden, obwohl höchstens 10 Autos die Stunde vorbeikommen. Und keiner von denen ist erfreut, sein durch die Schotterpisten sowieso schon stark beanspruchtes Fahrzeug noch weiter durch zusätzliche Last zu malträtieren .
Viel Spontaneität und eigene Gestaltungsmöglichkeit geht dadurch verloren. Ich hätte mir gerne die Cueva del manos angeschaut oder andere Sehenswürdigkeiten unterwegs, aber das ging nur, wenn ich den mühsam erkämpften Busplatz aufgegeben hätte. 
Natürlich hatte ich an dem Überfall in Puerto Montt einen großen Teil selbst Schuld, wer marschiert schon mitten in der Nacht mit dickem Rucksack und Fototasche durch eine Hafenstadt. Aber dass ich überhaupt um halb drei Uhr nachts in einer Hafenstadt ankam, lag eben auch an den völlig unterdimensionierten öffentlichen Verkehrsmitteln, in diesem Fall dem Schiff, das jeden Tag eine halbe Stunde mehr Verspätung bekam und sich die Abfahrt so schließlich vom Morgen in den Abend verschob. Mit eigenem Fahrzeug, selbst wenn es nur ein Fahrrad gewesen wäre, wäre das nicht passiert, und ich kann nur jedem raten, die Carretera Austral unbedingt mit eigenem Fahrzeug zu bereisen.
Landschaft und Natur sind nämlich wirklich einmalig, überall hängen die Gletscherzungen von den Bergen, füllen türkisblaue Seen die Täler zwischen den Bergen aus, die von Wasserfällen und reißenden Flüssen gespeist werden. Die Menschen dagegen habe ich als wenig herzlich, dagegen überaus geschäftstüchtig erlebt. Auch bei den Chilenen selbst gilt der Süden als teuer, ich bin gespannt, ob es im Norden anders wird. Ein klares Manko sind natürlich meine fehlenden spanischen Sprachkenntnisse. Zwar kann ich einzelne Worte sagen, verstehe auch irgendwie, was gemeint ist, aber das ist beim Kampf um einen Busplatz o.ä. einfach zu wenig.
Es  gibt noch viele Länder und Orte, die ich mir im Rest meines Lebens noch anschauen möchte. In Chile war ich jetzt zum zweiten Mal, und ich glaube, damit ist es für mich auch genug, es sei denn, ich wäre in Südamerika noch einmal mit einem Wohnmobil unterwegs. Die landschaftlichen Höhepunkte habe ich gesehen, viele wenigstens, sie sind wirklich eine Reise wert. Die Chilenen selbst habe ich als auf sich selbst orientiert und wenig aufgeschlossen erlebt, wenig Herzlichkeit und Gastfreundschaft, wenn man mal von der Pseudo-Familie in einem Hospedaje absieht. Dort kocht und frühstückt man zusammen, man knüpft schnell Kontakte, aber meist sind es auch nur kurzlebige Bekanntschaften zwischen den Reisenden selbst. Für die Betreiber ist es eine lukrative Möglichkeit zum Geldverdienen. So schlafe ich hier in einem 7er-Zimmer , 9500 CLP pro Mann und Nase. Das sind bei voller Belegung etwa 80 Euro für das Zimmer pro Nacht, bei Null Komfort und einem ziemlich schmuddeligen Gemeinschaftsbad auf dem Flur. Im Vergleich, mein letztes Luxus-Apartment in Santiago mit mehr Platz für mich alleine hat 30 Euro die Nacht gekostet, und da musste ich nicht die ganze Nacht meinen Geldbeutel unter dem Kopfkissen festhalten. Wahrscheinlich bin ich auch einfach zu alt für so etwas, werde ich doch wenige Tage nach meinem Rückflug 60 Jahre, und ich sollte die Forderungen meines inneren Schweinehunds nach ein wenig mehr Komfort und Bequemlichkeit nicht weiterhin wegen des Gefühls, jung und frei sein zu wollen, so rigoros unterdrücken. Vielleicht könnte sich dann auch meine Freundin Ulli entschließen, solche Reisen mit mir zu machen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen